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HOLZ IN DER KULINARIK
Das mit den Fässern war so nicht gedacht.
Eigentlich, erzählt Markus Lichtenstein,
Geschäftsführer des Zürcher Weinhandels
Smith & Smith, sollten aus den Eichenwäl-
dern des Limousin Kriegsschiªe werden.
Weil der Krieg aber schneller vorbei war,
als die Eichen gross genug, musste ein
Plan B her. Also wurden die Limousin-
Eichen zu Weinfässern, auf Französisch
Barriques genannt.
Das ist heute noch so. Der Löwen-
anteil der Eichen, aus denen in Frankreich
Barriquefässer werden, stammt aus den
Wäldern des Limousin. Auch Schweizer
Küfer verarbeiten die französischen Trau-
ben- und Stieleichen. Von einem französi-
schen Monopol zu sprechen, wäre jedoch
falsch, so Markus Lichtenstein: “Mittler-
weile sucht man auch beim Wein immer
mehr die Regionalität. Das bedeutet, dass
man ebenso mit slowenischem oder öster-
reichischem Holz arbeitet. Ein deutscher
Winzer, den ich kenne, hat mir einmal ge-
sagt: ‘Ich habe das Glück, dass ich einen
grossen Eichenwald geerbt habe.’ Der hat
sein Eichenholz in die österreichischen Al-
pen geschaªt und hat es dort fünf Jahre in
Sonne und Schnee liegengelassen, um den
Holzgeschmack wegzukriegen.”
Wie bitte? Der Holzgeschmack soll
weg? “Ja, das ist ein ganz entscheidender
Punkt: Man tut Weine nicht primär ins
Holz, um ihnen einen Holzgeschmack zu
geben. Was dort statt²ndet, ist eineMikro-
oxidation. DasHolz hat Poren, und dadurch
atmet der Wein. Durch die dosierte Zufuhr
Holz oder nicht Holz? Ein Koch und ein Wein-
händler beantworten die Geschmacksfrage
und erklären, warumHolz derzeit eher in den
Backofen als in die Wein¶asche gehört.
GESCHMACKSACHE
Holz
Text:
Isolde Burtscher